KZ-Außenlager Lenzing
Establishment of the satellite camp
Das KZ-Außenlager Lenzing wurde mit dem ersten Transport aus dem Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz, der am 30. Oktober 1944 am Bahnhof in Lenzing ankam, eingerichtet. Die Häftlinge dieses Transports wurden aber erst am 3. November in den Stand des KZ-Systems Mauthausen übernommen. Vor dem „Anschluss“ war die Produktionsanlage in Lenzing in jüdischem Besitz. Die Papierfabrik ging am Tag des Einmarsches in Flammen auf und brannte fast vollständig nieder. Die Papier‐ und Zellstofffabrik wurde von der „Thüringische Zellwolle AG“ übernommen. Es war geplant, die neue „Zellwolle Lenzing AG“ massiv auszubauen. Bereits kurz nach Kriegsbeginn wurden erste Zwangsarbeiterinnen in die riesigen Barackenlager rund um die Baustellen deportiert. Das Konzentrationslager Mauthausen stand schon seit dem Jahr 1943 im Zuge eines Ernährungsversuchs an Häftlingen mit der „Zellwolle Lenzing AG“ in Verbindung. Dabei wurde die Verträglichkeit eines Eiweißextraktes getestet, der aus den Abwässern der Zellstoffproduktion gewonnen worden war. Die Forschungsabteilung des deutschen Zellwolle- und Kunstseiderings (Dachorganisation aller deutschen Zellwolle- und Kunstseidenproduzenten) entwickelte Anfang der 40er Jahre ein Verfahren, das es ermöglichte, aus Sulfitablauge, die bei der Produktion von Zellulose in größeren Mengen als Abfall anfiel, durch Züchtung des Pilzes „Odium lactis“ eine Eiweißmasse zu produzieren, die zu einer Art Streichwurst verarbeitet werden konnte( aus „Der Kampf um Lenzing, Teil 1). Dieser Versuch wurde in den Konzentrationslagern Dachau, Buchenwald, Sachsenhausen und Mauthausen durchgeführt und nach massiven gesundheitlichen Problemen bei den Häftlingen schlussendlich abgebrochen.
Location
Das KZ-Außenlager für weibliche Häftlinge befand sich in einer stillgelegten Papierfabrik/Papiermühle im Ortsteil Pettighofen direkt an der Ager. Der tägliche Arbeitsweg zu den Produktionsanlagen dauerte rund 45 Minuten (die Wegstrecke beträgt um die fünf Kilometer). Auf dieser Strecke befand sich auch ein Bahnübergang, den die Häftlinge überqueren mussten. Im Jänner 1945 ereignete sich dort ein schwerer Unfall, als die Bewacher die Gefangenen über den Bahnübergang hetzten und ein Zug in die marschierende Kolonne fuhr. Fünf Frauen kamen dabei ums Leben. Die ehemalige Papierfabrik bestand aus mehreren kleineren Werkshallen und einem ummauerten Hinterhof in Richtung Ager. Im Hinterhof fanden auch die Appelle statt, zu denen die Häftlinge regelmäßig antreten mussten.
Prisoners
Insgesamt wurden in Lenzing 577 weibliche Häftlinge interniert. Sie alle wurden entweder direkt aus Auschwitz oder über Mauthausen nach Lenzing überstellt. Der erste Transport erreichte Lenzing auf direktem Weg am 30. Oktober 1944 (500 Frauen). Die weiteren Überstellungen gingen über Mauthausen und erreichten Lenzing am 27. Jänner 1945 (54 Frauen) und am 31. Jänner 1945 (23 Frauen). Obwohl die Produktion in Lenzing aus Rohstoffmangel im Jänner 1945 beim Eintreffen dieser beiden Transporte bereits eingestellt war, wurde wahrscheinlich mit einer Fortführung der Zelluloseproduktion gerechnet. Die 577 Häftlinge sind als Mindestzahl zu verstehen. Im Gegensatz zu anderen KZ-Außenlagern wurden aus Lenzing kaum Häftlinge ins Hauptlager Mauthausen überstellt. Zwei Frauen wurden nach Mauthausen gebracht und dem großen Transport am 17. März 1945 ins Konzentrationslager Bergen‐Belsen zugeordnet. Die große Mehrheit der Häftlinge im KZ-Außenlager Lenzing kam aus Ungarn (323), dazu kamen Polinnen (65), Frauen aus dem Protektorat Böhmen und Mähren (58), Deutsche und Österreicherinnen (39) sowie Slowakinnen (35). 528 der Häftlinge waren als Jüdinnen verfolgt, der Kategorie „Schutzhäftlinge“ wurden die restlichen 49 Internierten zugerechnet. Der Altersdurchschnitt der im Außenlager Lenzing internierten Frauen lag bei 25,6 Jahren, wobei die jüngsten gerade erst zwölf Jahre alt waren und die älteste Gefangene eine 49‐jährige Krankenschwester war.
Forced labor
Die Häftlinge im KZ-Außenlager Lenzing wurden in der Zellwollefabrik eingesetzt. Der Arbeitseinsatz wurde im Drei‐Schicht‐Betrieb durchgeführt. Die Frauen arbeiteten drei Wochen durch, um dann zwei arbeitsfreie Tage zu haben. Der lange An‐ und Abmarsch vom Lager zur Produktionsstätte kam zur langen, anstrengenden, gefährlichen und auch gesundheitsschädlichen Arbeit noch erschwerend hinzu. Die Frauen mussten in der Fabrik ohne Schutz mit giftigen Chemikalien hantieren. Da die kriegswirtschaftliche Notwendigkeit nicht mehr bestand, wurden im Jänner 1945 die Arbeiten in der Viskoseabteilung, in der die Grundstoffe gemischt wurden, beendet und die Häftlinge zu unterschiedlichsten Arbeiten im gesamten Lager‐ und Werksbereich eingesetzt. Somit wurden die Häftlinge nach Stilllegung der Produktion mehr oder weniger planlos im Werksgelände und in der Gegend um Lenzing zu verschiedensten Arbeiten herangezogen. Und obwohl keine Notwendigkeit mehr bestand, Häftlinge im Werk einzusetzen, wurden Ende Jänner 1945 weitere Frauen in zwei Transporten von Auschwitz nach Lenzing überstellt.
Guarding
Lagerführer des Außenlagers Lenzing war Karl Gieseler (SS‐Oberscharführer). Mit ihm waren 19 andere SS‐Männer in Lenzing stationiert. Am 3. November 1944 kamen die ersten SS‐Offiziere aus Mauthausen nach Lenzing, um die 500 weiblichen Häftlinge in den Stand des KZ Mauthausen zu übernehmen. Wie auch in allen anderen Konzentrationslagern mit weiblichen Häftlingen waren SS‐Männer für den Transport und die Lagerbewachung zuständig, für Lagerinternes waren SS‐Aufseherinnen beschäftigt. Im KZ-Außenlager Lenzing befanden sich unter den Aufseherinnen einige Österreicherinnen. Die Namen von einigen SS‐Aufseherinnen konnten im Zuge von Recherchen erarbeitet werden: Margarete Freinberger (Lagerleiterin), Ursula Abeling, Elisabeth Bachner, Margarethe Berger, Hermine Kehrer, Elisabeth König, Maria Künick, Elfriede Monnig, Eleonore Pölsleitner, Antonia Rachbauer. Über die SS‐Männer sind bis jetzt nur die Anzahl sowie der Name des Kommandanten bekannt.
Liberation
Gerüchte um das nahe Ende des Krieges und die bevorstehende Befreiung gab es im KZ-Außenlager Lenzing schon ziemlich früh. Die Überlebende Sándorné Antal erzählte, dass der Lagerführer Gieseler um Weihnachten 1944 in einer Ansprache die bevorstehende Befreiung verkündete. Die Wachmannschaft verließ das KZ-Außenlager Lenzing am 4. Mai 1945. Die Bewacherinnen versuchten, unbemerkt in der Zivilbevölkerung unterzutauchen. Am 5. Mai 1945 trafen die ersten US‐Truppen in Lenzing ein. Die Tatsache, dass die Frauen auf Grund ihres geschwächten Zustandes in ihren Unterkünften blieben und einige Tage auf sich selbst gestellt waren, lässt vermuten, dass sich die US‐Soldaten vorerst nicht um das Lager in der alten Papierfabrik kümmerten. Am 8. Mai kamen zwei männliche Häftlinge aus dem KZ-Außenlager Redl‐Zipf, die die US‐Soldaten zu Hilfe holten, um Unterkünfte, Verpflegung und ärztliche Versorgung zu organisieren. Die Befreiung des KZ-Außenlagers Lenzing erlebten nur mehr 562 Frauen.
Commemoration and remembrance
1992 errichtete die Markgemeinde Lenzing auf Initiative des Mauthausen Komitees Vöcklabruck einen Gedenkstein beim ehemaligen Lager. Das Mauthausen Komitee Vöcklabruck organisiert jedes Jahr die Gedenkfeiern. Den jeweiligen Termin finden Sie im Programm der Gedenk und Befreiungsfeiern.