Konzentrationslager Gusen II
Gründung des Konzentrationslagers
Bereits Ende 1943 wurde mit den Vorbereitungen für Gusen II begonnen. Die SS ließ rund um das KZ Gusen I Stollenanlagen errichten, um die dort angesiedelte Rüstungsproduktion geschützt vor Luftangriffen unterzubringen. Ab dem 2. Jänner 1944 wurden erstmals offiziell 272 KZ-Häftlinge vom KZ Mauthausen nach „Bergkristall‐Bau“ überstellt, um die Stollen zu bauen und in der Rüstungsindustrie Arbeiten zu verrichten.
Lokalisierung
1943 errichteten KZ-Häftlinge aus dem KZ Gusen I ein aus 18 Baracken bestehendes Lager direkt neben dem KZ-Außenlager Gusen I. Im Konzentrationslager Gusen II gab es kaum sanitäre Anlagen. Daher waren die hygienischen Zustände katastrophal. Um genügend Platz für die tausenden KZ-Häftlinge zu haben, wurden in jeder Baracke etwa 500 Gefangene einquartiert. Die Baustelle „Bergkristall“ war ca. 2-3 km vom Konzentrationslager Gusen II entfernt in St. Georgen.
Informationen über die Häftlinge
Der Höchststand der KZ-Häftlinge betrug ca. 13.000. Das Konzentrationslager Gusen II war von der Fläche her kleiner als das KZ Gusen I. Insgesamt waren ca. 70.000 KZ-Häftlinge in Gusen I, II und III gefangen, rund die Hälfte von ihnen wurde ermordet. Die meisten Häftlinge waren Männer. Zu weiblichen Gefangenen im KZ Gusen II gibt es kein gesichertes Material. Vorwiegend jüdische Häftlinge aus Polen und Ungarn wurden aus den KZ Plaszow, Auschwitz und Flossenbürg in das KZ-Außenlager Gusen II verschleppt. In der Bevölkerung war Gusen II auch als „Judenlager“ bekannt. Das Fehlen von medizinischer Versorgung, der Lebensmittelmangel und die schwere körperliche Arbeit führten zum Tod von beinahe 9.000 KZ-Häftlingen.
Zwangsarbeit
Die KZ-Häftlinge wurden zum Bau einer unterirdischen Fabrik für die Firma Messerschmitt eingesetzt. In St. Georgen an der Gusen sollte eine 50.000m² große Rüstungsproduktion entstehen, die neben „Bergkristall“ auch „B8“ und „Esche“ genannt wurde. Noch während der Stollen im Bau war, wurde mit dem Bau des ersten Düsenjets Me 209 begonnen. Mit dem Düsenjet erhofften sich die Nazis, den Kriegsverlauf noch entscheidend beeinflussen zu können.
Bewachung
Das Konzentrationslager Gusen II stand unter dem Kommando des Lagerführers von Gusen I, SS-Hauptsturmführer Fritz Seidler. Die Aufsicht über das KZ-Lager hatte zunächst SS-Oberscharführer Franz Gottfried Schulz, bevor ihm SS-Obersturmführer Max Pausch folgte. Für die Bewachung der KZ-Häftlinge wurden von der SS Soldaten der Luftwaffe bereitgestellt. Die meisten von ihnen waren deutscher Herkunft.
Befreiung
In der Nacht vom 2. auf den 3. Mai 1945 übertrug die SS die Bewachung der Wiener Feuerschutzpolizei. Das KZ Gusen I wurde am 5. Mai befreit, wobei dies nur eine erste Patrouille von US‐Soldaten war. Die ersten „richtigen“ US‐Truppen kamen erst am 7. Mai. Zwischen diesen beiden Tagen herrschten Chaos und Lynchjustiz in Gusen. Bei der Befreiung der Lager Gusen I, II und III waren ca. 25.000 Häftlinge im Lager.
Gedenken und Erinnern
Nach der Befreiung wurde das Barackenlager des KZ Gusen II wegen akuter Seuchengefahr niedergebrannt. 1961 wurde von KZ-Überlebenden rund um den noch erhaltenen Krematoriumsofen des KZ Gusen I das „Memorial de Gusen“ errichtet. Die Initiative Gedenkdienstkomitee Gusen arbeitet seit 1984 für ein „Niemals wieder“ und wird maßgeblich von überlebenden Häftlingen der Konzentrationslager Gusen und den politischen Gemeinden St. Georgen/Gusen und Langenstein unterstützt. 2004 eröffnete im Besucherzentrum eine Dauerausstellung zur Geschichte des Konzentrationslagers. Vor dem Stollen befinden sich Informationstafeln über die Konzentrationslager in Gusen und den Stollenausbau.
Die jährliche Befreiungsfeier der KZ Gusen I, II und III wird vom Gedenkdienstkomitee Gusen in Kooperation mit dem Mauthausen Komitee Österreich veranstaltet. Der Termin ist im Programm der Gedenk- und Befreiungsfeiern zu finden.