KZ-Außenlager Floridsdorf

Gründung des Konzentrationslagers

Im Zuge der Evakuierung des Konzentrationslagers Schwechat‐Heidfeld am 13. Juli 1944 wurden die Häftlinge zuerst ins KZ-Außenlager Wien‐Floridsdorf und später zum Teil weiter in die KZ-Außenlager Hinterbrühl bzw. „Santa“ bei Schwechat deportiert. Die in Floridsdorf verbliebenen Häftlinge wurden auf die Kommandos Hofherr & Schrantz, AFA bzw. Jedlesee aufgeteilt.
Die Häftlinge der Kommandos Hofherr & Schrantz sowie AFA wurden in einem eigenen Lager auf dem Firmengelände Hofherr & Schrantz, getrennt von jenen des Kommandos Jedlesee, untergebracht. Auch die Accumulatoren Fabrik Aktiengesellschaft (AFA-Werke, heute VARTA), führender Hersteller von U-Boot-Batterien, verlagerte seine Produktion wegen der Luftangriffe nach Wien und war (wahrscheinlich) ein eigenes Sub-Kommando des Kommandos Hofherr & Schrantz. Es ist aber davon auszugehen, dass die Häftlinge dieser beiden Kommandos in einem einzigen Lager untergebracht waren.

Lokalisierung

Die genaue Lokalisierung der Außenlager im heutigen Wiener Gemeindebezirk Floridsdorf gestaltet sich insofern schwierig, da auch andere Lager im damaligen „Groß‐Wien“ unter der Bezeichnung „Floridsdorf“ liefen. Zur Unterbringung der Häftlinge wurde auf dem Sportplatz des FAC ein Barackenlager errichtet. Bis zu seiner Fertigstellung wurden die Heinkel-ZwangsarbeiterInnen in den Kellern des Brauhauses Mautner in Jedlesee untergebracht, die AFA-ZwangsarbeiterInnen auf dem Werksgelände der AFA. Nach Zerstörung des Barackenlagers durch einen alliierten Luftangriff wurden die für Heinkel arbeitenden KZ-Häftlinge zunächst ebenfalls bei den AFA-Werken und dann neuerlich in den Braukellern untergebracht. Die Abgrenzung zum KZ-Außenlager Jedlesee ist nicht immer ausreichend möglich. 1995 wurden dem Archiv Museum Mauthausen angebliche Überreste einer Häftlingsbaracke des KZ-Außenlagers übergeben, die seitdem in der KZ-Gedenkstätte Mauthausen eingelagert sind.

Informationen über die Häftlinge

Der jeweilige höchste Häftlingsstand für die einzelnen KZ-Lager dieses Komplexes lässt sich aufgrund der Quellenlage nicht gesichert rekonstruieren. Der Höchststand für den gesamten Komplex Wien‐Floridsdorf (inklusive Schwechat Santa, Hinterbrühl und Jedlesee) betrug jedoch 2.737 Häftlinge. Die Mehrheit der Häftlinge des Komplexes Wien‐ Floridsdorf stammte aus Polen bzw. der Sowjetunion. Am 13. Juli 1944 wurden die 2.000 Häftlinge des aufgelösten Außenlagers Wien-Schwechat (Heidfeld) nach Floridsdorf überstellt. Über die nationale Zugehörigkeit der Häftlinge ist nichts Genaues bekannt, da alle an den verschiedenen Heinkel-Standorten im Großraum Wien eingesetzten Gefangenen als Häftlinge des KZ-Außenlagers Wien-Floridsdorf registriert wurden. Polen und Sowjets bildeten aber auf jeden Fall die größten Gruppen. Die Haftbedingungen waren wesentlich besser als in Schwechat-Heidfeld. Mindestens 80 Häftlinge starben in allen unter dem Namen Wien-Floridsdorf zusammengefassten Lagern.

Zwangsarbeit

Die Häftlinge arbeiteten bei Heinkel und AFA und wurden für die Produktion von Flugzeugteilen, Akkumulatoren für U‐Boote sowie Steuerkomponenten für „V2“‐Raketen eingesetzt.

Bewachung

Das KZ Floridsdorf wurde hauptsächlich von Soldaten der Luftwaffe bewacht und war unter dem Kommando von SS‐Obersturmführer Anton Streitwieser, dem auch Hinterbrühl und Schwechat (Santa) unterstanden. In der ehemaligen St. Georgs‐Brauerei (früher Hopfengasse 22, heute Nr. 8) in Floridsdorf befand sich der Sitz der Kommandantur sämtlicher Lager des Komplexes Wien‐Floridsdorf.

Schließung

Die Kommandos Hofherr & Schrantz und AFA wurden ebenso wie das Kommando Jedlesee am 1. April 1945 evakuiert, was darauf hindeutet, dass die Evakuierung nicht über das Außenlager Hinterbrühl erfolgt sein dürfte. Der Evakuierungsmarsch, der über das Außenlager Steyr führte, erreichte das Konzentrationslager Mauthausen am 11. April 1945. Insgesamt sind laut einer Aufstellung der Lagerschreibstube auf diesem Marsch 121 Häftlinge getötet worden, 22 blieben vermisst oder sind geflüchtet. Die Zahl der Toten allein im Lager Floridsdorf dürfte sich auf 45 Häftlinge belaufen.

Gedenken und Erinnern

Über den Standort des früheren Brauhauses Mautner in Jedlesee führt heute ein Teil der Wiener Stadtautobahn A22. Vor dem nahe gelegenen Bezirksmuseum Floridsdorf erinnert eine Gedenktafel an das ehemalige KZ-Außenlager. Auf dem Areal des Barackenlagers befindet sich heute wieder ein Fußballplatz. Auf dem ehemaligen Betriebsgelände der AFA-Werke ist ein Gewerbepark angesiedelt. Jedes Jahr findet eine Gedenkveranstaltung, die vom Verein "Niemals vergessen" organisiert wird, bei der Gedenktafel im Bezirksmuseum Floridsdorf statt. Die aktuellen Termine stehen im Programm der Gedenk- und Befreiungsfeiern.

Fotos (Aktuell, Historisch, Topografie und Luftaufnahmen)

KZ-Floridsdorf Gedenktafel
Detail mit GPS-Daten, ehem. Lagergelände am FAC-Sportplatz
Detail mit GPS-Daten, früherer Standort der Werkshalle Hofherr&Schrantz
Überblick mit GPS-Daten, ehem. Lagergelände und Werkshalle Hofherr&Schrantz
Wiens vergessene Konzentrationslager © ORF