KZ-Außenlager Wiener Neustadt
Gründung des Konzentrationslagers
Im März 1943 war das Eisengerippe der Halle fertig und es wurde unter Anwesenheit von „Naziprominenz“ das Richtfest gefeiert. Obwohl noch nicht ganz fertig, wurde die sogenannte Serbenhalle bereits mit starkstromgeladenem Stacheldraht versehen. Im Sommer darauf war die nördliche Hälfte komplett und am 20. Juni 1943 wurde das erste KZ-Außenlager in Wiener Neustadt mit dem ersten Häftlingstransport „eröffnet“. Nach einem Bombenangriff wurde es nur ein paar Monate später - am 20. November 1943 - wieder geschlossen. Das zweite Mal trafen im KZ-Außenlager Wiener Neustadt am 5. Juli 1944 KZ-Häftlinge ein. Bereits im April 1944 wurde der neuerliche Einsatz von KZ-Häftlingen in Wiener Neustadt genehmigt.
Lokalisierung
Die Häftlinge waren beide Male in einem Anbau der „Serbenhalle“ einquartiert. Die Bezeichnung geht auf den Umstand zurück, dass die große Montagehalle 1942 in Kraljevo (Serbien) demontiert, mit 400 Güterwaggons nach Wiener Neustadt gebracht und auf dem Gelände des Raxwerkes aufgestellt wurde. Ein Jahr zuvor erschossen NS-Angehörige in dieser Halle in Kraljevo insgesamt 1.736 wahllos gefangengenommene Einwohner/innen als Vergeltung für verletzte NS-Soldaten.
Informationen über die Häftlinge
Am 20. Juni 1943 wurden die ersten 500 Häftlinge aus dem KZ Mauthausen ins KZ-Außenlager Wiener Neustadt überstellt. Anfang August folgten weitere 722 Häftlinge, die in Wiener Neustadt interniert wurden. Die Gefangenen des KZ-Außenlagers Wiener Neustadt wurden nach der Schließung des Lagers zum großen Teil ins KZ-Außenlager Schlier-Redl-Zipf überstellt. Die letzte Überstellung erfolgte am 20. November 1943: 375 Häftlinge wurden ins Konzentrationslager Buchenwald gebracht. Am 5. Juli 1944 wurde das KZ-Außenlager zum zweiten Mal „aktiviert“ und ein erster Transport mit 500 Häftlingen traf in Wiener Neustadt ein. Ende Juli 1944 folgten weitere 204 Häftlinge. Der Stand schwankte in der Folge zwischen 500 und 700 Häftlingen verschiedenster Nationen. Die größte Gruppe bildeten Häftlinge aus Polen, die nächstgrößeren Häftlingsgruppen stammten aus der Sowjetunion und Italien.
Zwangsarbeit
Die Häftlinge arbeiteten vor allem an der Vorbereitung der Raketenproduktion. Anfang Oktober 1943 war die Endmontage angelaufen, obwohl das Raxwerk zwei Mal bombardiert wurde. Am 13. August 1943 fand der erste Luftangriff auf Wiener Neustadt statt. Da die Stadt als Zentrum der Flugzeugindustrie galt, war sie ein strategisches Ziel der amerikanischen Luftstreitkräfte.
In großer Eile wurden daraufhin die Maschinen und Fertigungsteile der Raketenerzeugung nach Thüringen gebracht. Dort wurde von Häftlingen aus dem KZ Buchenwald das KZ-Außenlager „Dora“ errichtet. Aus dem KZ Raxwerk wurden 375 Häftlinge in dieses Lager und über 800 in eine unterirdische Anlage gebracht. Nach dem Abzug der Raketenerzeugung wurde das Raxwerk mit der Erzeugung von Marine-Artillerie-Leichter-Schiffen für die Kriegsmarine beauftragt. Von 5.Juli 1944 bis 1. April 1945 wurden die Häftlinge zur Beseitigung der Bombenschäden sowie in der Marine-Artillerie-Leichter- und Tendererzeugung eingesetzt.
Bewachung
In der Zeit des ersten KZ-Außenlagers in Wiener Neustadt waren Kommandoführer Ganz und Rapportführer Bühner tätig. Kommandoführer des zweiten Außenlagers in Wiener Neustadt war Prchal, Rapportführer der SS-Scharführer Paul Tremmel. Das Bewachungspersonal setzte sich aus Soldaten der Marine zusammen.
Schließung
Das erste KZ-Außenlager wurde mit dem Transport der Häftlinge ins Konzentrationslager Buchenwald am 20. November 1943 aufgelöst. Im März 1945 näherte sich die Rote Armee Wiener Neustadt. Vermutlich am späten Nachmittag des 30. März begannen die SS-Wachmannschaften mit der Evakuierung des KZ-Außenlagers Wiener Neustadt und schickten die Häftlinge auf den Todesmarsch. Einigen KZ-Häftlingen gelang hierbei die Flucht, viele aber verloren ihr Leben. Begleitet wurden die ca. 540 Gefangenen von 50 bis 60 Marinesoldaten. Täglich wurden etwa 25 bis 30 km zurückgelegt. Am 9. April erreichte die Kolonne das KZ-Außenlager Steyr. 200 Häftlinge des KZ-Außenlagers Wiener Neustadt wurden am 30. April 1945 weiter in das KZ-Außenlager Gusen überstellt und zu Kriegsende dort befreit.
Gedenken und Erinnern
2005 errichtete der Wiener Neustädter Verein Alltag Verlag ein Denkmal, das von Markus Grabenwöger und Michael Rosecker gestaltet ist. Das Denkmal steht direkt neben der noch erhaltenen „Serbenhalle“. Ein Wachbunker blieb erhalten und befindet sich heute auf dem Parkplatz eines Einkaufszentrums an der Stadionstraße. Weiters existiert auf der Pottendorfer Straße die Lokomotive „Fanny“, die damals innerbetrieblich verwendet wurde. Das davor liegende Denkmal mit einem metallenen Kranz soll uns „Niemals Vergessen“ lassen.